
Erfolg oder Erfüllung? Dieses Mindset unterscheidet gute von schlechten Unternehmern
Die Fallstricke schlechter Unternehmer
Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Zur Kategorie „schlechter Unternehmer“ zähle ich Menschen, die an diesem Punkt vor lauter Arbeit gar nicht auf die Idee kommen, sich die entscheidenden Fragen in Bezug aufs Unternehmersein zu stellen: Welche Aufgaben hat ein Unternehmer eigentlich? Wie baut man ein gutes Team auf? Was hat die Unternehmenskultur mit der Unternehmerpersönlichkeit zu tun? Anstatt sich weiterzuentwickeln, investiert dieser Unternehmer-Typ immer mehr Zeit in die Bewältigung von Problemen. Er hat es schlichtweg verpasst, im Tempo seiner Firma zu wachsen. Sie wächst ihm über den Kopf und er geht mit ihr unter.
Für mich gibt es noch eine weitere Art, ein „schlechter“ Unternehmer zu sein. Diese Unternehmerinnen, diese Unternehmer haben von Anfang an ein klares Ziel: Kohle machen. Richtig schnell, richtig viel. Sie erkennen früh, dass sie sich dafür weiterentwickeln müssen und tun das auch. Sie besuchen Verkaufstrainings, lassen sich von Finanzexperten beraten, investieren in die eigene Persönlichkeit und bauen sich ein riesiges Netzwerk auf. Aber am Ende liegt der Fokus nur auf dem eigenen Vorteil und auch das endet eigentlich immer im Scheitern.
Warum diese Bewertung als „schlecht“? Weil ich beide Arten, ein schlechter Unternehmer zu sein, gelebt habe – und damit voll gegen die Wand gefahren bin. In den Jahren nach der Gründung meiner ersten Internetfirma verdiente ich richtig schnell richtig viel. Ich konnte sogar Investoren begeistern, stellte immer mehr Leute ein und rannte nur noch dem Geld hinterher. Das ging nicht lange gut. Denn im Kern war ich immer ein Programmierer geblieben, später mit Angestellten und einem dicken Bankkonto zwar, aber ich war nie Unternehmer geworden. Im Mai 2003 musste ich Insolvenz anmelden. Entscheidend war für mich die Zeit unmittelbar nach der Pleite. Ich habe keine Pause gemacht, sondern direkt am nächsten Tag eine neue Firma angemeldet - und dann Tag für Tag versucht, es besser zu machen.
Der Weg zum guten Unternehmer
Wie aber gelingt der Shift? Wie gelingt der Wechsel zum „guten Unternehmer“ – und was bedeutet es, wirklich Erfolg zu haben? Der gedankliche Shift ist das Wichtigste. Durch mein Scheitern habe ich begriffen, dass ich das Unternehmersein trainieren und mir ein höheres Ziel setzen muss: Meinen Kunden echten Nutzen bieten, mein Team voranbringen, mein Umfeld bereichern und dadurch einen echten Beitrag für die Gesellschaft leisten. Man kann das alles auf einen einzigen Satz reduzieren: Ein wirklich guter Unternehmer macht das alles nicht für seinen eigenen Vorteil, sondern für andere. Für mich ist das vergleichbar mit dem Archetyp des guten Königs, der einen Raum, ein Königreich schafft, damit die Menschen darin gedeihen können.
„Gute UnternehmerInnen“ machen deshalb keine Umsatz- oder Zielvorgaben. Sie geben ihrem Team Raum, sich auf die Bedürfnisse der Kunden zu konzentrieren und gegebenenfalls Aufträge oder Interessenten abzulehnen. Entscheidend ist auch die Fähigkeit zur Selbstreflexion, um das eigene innere Gefühl mit der Realität abgleichen zu können. Bin ich noch auf dem „guten“ Weg? Als Maßstab können Kundenfeedbacks, Notizen aus Mitarbeitergesprächen oder das Feedback von Lebenspartnern dienen.
Erfüllung statt Erfolg als Maßstab
Bitte beachten: Der Übergang zwischen „gut“ und „schlecht“ ist fließend, Geld hat eine starke Sogkraft. Jeder Unternehmer sollte deshalb regelmäßig sein eigenes Mindset überprüfen und sich seiner Werte bewusst werden. Liegen mir meine Kunden wirklich am Herzen oder habe ich nur gelernt, dass ich mit zufriedenen Kunden mehr Geld machen kann? Sich selbst die richtigen Fragen zu stellen, ist immer wieder hilfreich. Selbstverständlich können auch „schlechte“ UnternehmerInnen durchaus Erfolg haben. Aber woran misst man das? Am Immobilien-Portfolio? An den Autos in der Garage? An der x-ten Filiale in bester Innenstadtlage?
Über viele Jahre hinweg habe ich mich intensiv mit dieser Frage beschäftigt. Ergebnis: Beim Unternehmersein geht es gar nicht um Erfolg, sondern um Erfüllung. Sicherlich schadet es nicht, wenn das Konto ein paar Nullen mehr aufweist. Aber viel wichtiger ist es, am Ende des Lebens sagen zu können: „Ja, das war ein erfülltes, sinnvolles Leben und ich habe einen wirklichen Beitrag geleistet.“
Meine Lieblingskunden sind Menschen, die an sich selbst arbeiten wollen, die ihre Unternehmerpersönlichkeit optimieren wollen, um ihr Unternehmen optimieren zu können. Das setzt voraus, die Dinge aus einer Grundhaltung der Selbstverantwortung heraus anzugehen und sich immer wieder bewusst zu entscheiden – in meinem Fall für das Gute und die Erfüllung. Alles andere, und das sage ich nach mehr als 30 Jahren Unternehmersein, endet in einer Bruchlandung

Autor:
Stefan Merath
Unternehmer, Autor und Unternehmercoach
Vor bald 30 Jahren habe ich mein erstes Unternehmen gegründet, bin seit 20 Jahren Unternehmercoach, und vor 16 Jahren erschien mein erster Bestseller „Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer“. Seitdem habe ich nicht nur mit tausenden neuen Kunden gearbeitet, sondern vor allem auch an meiner Unternehmerpersönlichkeit. Dazu gehört, fortlaufend aktuelle Unternehmerliteratur zu lesen, neue Ansätze für das Unternehmertum von heute abzuleiten und in meinen eigenen Unternehmen zu testen, weiterzuentwickeln und umzusetzen.
Dabei habe ich viele Fehler gemacht und unwahrscheinlich viel gelernt. Was funktioniert überhaupt nicht, was ist absolut empfehlenswert? Antworten auf diese Fragen und eine ganze Bandbreite von Optimierungsmöglichkeiten bilden die Grundlage für mein neues Buch „Die Schwarzgurtunternehmer. Das letzte Geheimnis der leichten, menschlichen und wirksamen Unternehmensführung.“
Ihr Kontakt zum Autor: info@unternehmercoach.com